Camp für Kinder mit Amputation oder Dysmelie

Erstellt von Denise Burkard 13.06.2024

„Die Kinder sind alle über sich hinausgewachsen,“ schwärmt Diana Schütz, Koordinatorin Bewegungsförderung für Amputierte bei Anpfiff ins Leben. Sie organisierte das diesjährige Camp für Kinder mit Amputation oder Dysmelie. „Das dreitägige Ferienlager war – trotz des regnerischen Wetters – ein voller Erfolg,“ resümiert sie nach drei ereignisreichen Tagen, vollgepackt mit Spaß, Bewegung und interessanten Fakten über Pferde, zufrieden.

Acht Kinder im Alter von sieben bis 14 Jahren sind dieses Jahr dabei. Sie sind aus ganz verschiedenen Regionen Deutschlands sowie Österreichs angereist, um beim Camp dabei zu sein. Gemeinsam mit ihren Geschwistern und einem oder beiden Elternteil/en übernachten sie in den gemütlichen Schäferwagen vor dem Erlebniszentrum der Mühle Kolb. Der 14-jährige Nick nimmt bereits zum zweiten Mal am Camp teil und freut sich auf das Programm. Auch Simon, ebenfalls 14 Jahre alt, ist gespannt, was die drei Tage bringen mögen.

Die Idee hinter dem Camp ist, dass Kinder, die amputiert sind oder eine angeborene Fehlbildung haben, und auch deren Eltern zusammenkommen. Dabei bekommen Eltern und Kinder ein jeweils eigenes Programm. Für die Kinder stehen Hip-Hop, Fahrradfahren, ein Besuch beim Reitverein, eine Exkursion zur Klima Arena und eine Kanutour an. Die Eltern begleiten ihre Kinder zu einigen Programmpunkten, treffen sich aber auch separat um sich auszutauschen oder auch um beispielsweise beim Golfen gemeinsam Spaß zu haben.

Trotz Regenwetter fällt Camp nicht ins Wasser
Die Kinder starteten am Freitagabend mit viel Bewegung und coolen Beats ins Camp, denn nachdem alle Teilnehmenden angekommen waren, fand auf der Wiese vor der Mühle Kolb ein Hip-Hop Workshop statt. Nach anfänglicher Schüchternheit entdeckten die Kinder schnell ihr Rhythmusgefühl und hatten sichtlich Spaß am Tanzen. Beim gemeinsamen Ausführen der Bewegungen lernten sich die Kinder schnell kennen – der perfekte Eisbrecher. „Das Tanzen war schön“, erzählen die Kinder und auf die Frage, was sie taten, als es anfing zu regnen, antworteten sie „Dann haben wir einfach im Zelt getanzt und viele Spiele gespielt.“

Auch am nächsten Tag ließ ein Blick in den verhangenen Himmel erkennen, dass es ein verregneter Tag werden wird. Nach einer morgendlichen Hip-Hip Session im Zelt besuchte ein Start-up für Hand- und Armprothetik die Kinder und Eltern, um ihnen ihre funktionellen und kostengünstigen Arm- und Handprothesen vorzustellen. „Damit können die Kinder Fahrradfahren oder schwimmen, einfach ein aktives Leben führen und teilhaben“, erklärt Diana. Während sich die Eltern mit dem Start-up austauschen dürfen die Kinder die mitgebrachten Prothesen beim Bogenschießen und Fahrradfahren testen.

Die für den Nachmittag angesetzte Kanutour durch die Elsenz musste aufgrund des Regenwetters abgesagt werden. Doch ein Alternativprogramm war schnell gefunden: Die Gruppe ging in der Klima Arena auf Entdeckungsreise und erforschte in einer virtuellen Welt, wie das Leben im Jahr 2100 aussieht, wenn wir nicht anfangen, die Erde und das Klima zu schützen. Als später die Sonne durch die dicken Wolken durchbrach, konnten die Kinder noch das Außengelände der Klima Arena nutzen, auf dem Spielplatz spielen und mit den E-Karts ein paar Runden auf der Rennstrecke drehen.

Am Pfingstsonntag stand ein Besuch beim Wieslocher Reitverein an. Die Kinder freuten sich riesig darauf und hörten bei der Stallführung aufmerksam zu. Während des Rundgangs lernten sie im Stall den Oldenburger Casera und den Hannoveraner Bexter kennen, die sie mit Karotten und Äpfeln füttern durften. „Aber Vorsicht, Pferde sind sehr futterneidisch, deshalb müsst ihr aufpassen“, erklärt Christa vom Reitverein. Anschließend konnten die Kinder und Eltern in der großen Reithalle vor dem Regen geschützt beim Hürdenlauf ihr Bestes geben und beim Bemalen der Hufeisen einiges über die kleinen Glücksbringer lernen. „Man muss Hufeisen immer mit der Öffnung nach oben aufhängen, sonst fällt das Glück daran vorbei“, weiß Christa. Am Nachmittag folgte dann das Highlight des Tages: Die Kinder durften endlich die Ponys streicheln, bemalen und führen. Wer sich traute, durfte auch auf den Ponys reiten.

futureoffice unterstützt das Camp
Am Pfingstmontag strahlte die Sonne am blauen Himmel, weshalb die Gruppe entschied, die ausgefallene Kanutour auf der Elsenz nachzuholen, bevor alle die Heimreise antreten. Das war ein toller Abschluss des Camps. „Das Programm war überwältigend, auch mit ständigem Blick in den Himmel. Es wurde schnell umorganisiert und ein tolles Alternativprogramm auf die Beine gestellt“, schwärmt Nicolle, die Mutter von Simon. Sie ist unglaublich dankbar für das Camp, in dem sich die Kinder trauen Dinge auszuprobieren, die sie sich vorher nicht zugetraut haben und merken, dass eine Prothese sie nicht ausbremsen muss. „Die Kinder in diesem Umfeld zu erleben und zu beobachten, ist eine Wonne. Sie blühen auf, gehen aus sich heraus und wachsen bei den verschiedenen Unternehmungen über sich hinaus“, erzählt Nicolle. Ihr Dank gilt allen, die das Camp ermöglichen.

Dazu gehört auch die Firma futureoffice aus Mannheim. Das Unternehmen unterstützt Anpfiff ins Leben bereits seit mehr als zehn Jahren. Die Förderung des Camps für Kinder mit Amputation oder Dysmelie ist den beiden Geschäftsführern Nadine Laule und Andreas Retsch eine Herzensangelegenheit. „Es ist uns Herzenssache, speziell für die Jugend etwas zu tun. Als Unternehmen und Region brauchen wir motivierte, teamfähige und sozial kompetente junge Menschen, die in der Lage sind, die Zukunft zu gestalten. Wir sind begeistert über die Entwicklung und die Erfolge von Anpfiff ins Leben in den letzten Jahren und können ein Engagement von Herzen empfehlen.“
 

Kinder mit ähnlichen Erfahrungen treffen

Der Austausch mit anderen, die wissen, wie es ist, mit einer Amputation oder einer Bewegungseinschränkung zu leben – das ist für die Kinder, ebenso wie für die Eltern, das Wichtigste am Camp. Meist gibt es in der näheren Umgebung keine Kinder, die diese Probleme kennen. Hier können sie sich untereinander Tipps geben, wie etwas am besten funktioniert und sich auch gegenseitig bestärken. „Wie immer war es eine wunderschöne Zeit für uns Familien mit "besonderen" Kindern. Unter Menschen zu sein, die dich ohne große ausholende Worte verstehen, ist wohltuend und der Umgang war wie immer sehr warmherzig und offen“, resümiert Nicolle. Etwas Vergleichbares, das sagen alle Eltern, gibt es in Deutschland bisher nicht. Deswegen nehmen sie auch weite Wege auf sich, um dabei sein zu können.