Den großen Favoriten am Rand der Niederlage

Erstellt von Christopher Benz 27.04.2022

Dieses Spiel werden alle Beteiligten sicher nicht vergessen. Die U19 des Anpfiff ins Leben-Partnervereins FC Speyer 09 hat am Dienstagabend im Halbfinale des Südwest-Verbandspokals den Bundesligisten 1.FSV Mainz 05 mehr als nur geärgert. Zwischenzeitlich führte der FC sogar mit 2:0, nach großem Kampf musste er sich aber 2:3 geschlagen geben.

Das Halbfinale zu erreichen war bereits ein großer Erfolg für den Speyerer Nachwuchs. In der Regionalliga Südwest Meisterrunde spielen sie als Vierter eine ordentliche Rolle, der Bundesliga-Aufstieg liegt allerdings in weiter Ferne. Das Duell mit Mainz, die in der Bundesliga vor dem letzten Spieltag am Wochenende Fünfter sind, durfte im Vorfeld durchaus als Saisonhöhepunkt bezeichnet werden.

„Ich habe den Jungs bereits vor dem Spiel gesagt, dass sie die Atmosphäre aufsaugen und den Abend genießen sollen“, sagte FC-Trainer Fabian Eck. Gesagt, getan, der Verlauf hätte für den Außenseiter nicht besser sein können. Eine kompakte Viererkette verteidigte die unermüdlichen Angriffe der Mainzer gnadenlos weg, klare Chancen erspielte sich der Bundesligist über die komplette erste Hälfte nicht. Mehr Ballbesitz hatten die Rot-Weißen verständlicherweise, darauf hatten sich die 09er aber eingestellt und wussten genau, was zu tun war, wenn sie selbst die Kugel eroberten. Zwei, drei Halbchancen verbuchten sie in den ersten 20 Minuten, bereits zu diesem Zeitpunkt war ihnen bewusst: heute könnte etwas gehen.

Speyer kontert vor heimischer Kulisse erfolgreich

Spätestens mit dem 1:0 durch Can-Luca Kilic glaubten alle daran (29. Spielminute). Rechtsverteidiger Leon Ohlinger initiierte einen blitzschnellen Konter, schickte dabei Talha Baylan auf die Reise, der das Auge für den besser postierten Kilic hatte. Alleine vor dem Gästekeeper Leon Hoffmann behielt der Stürmer die Nerven und schob überlegt ins lange Eck ein.

Die Atmosphäre erzeugte Gänsehaut: Auf Speyerer Seite wurde jeder Ballgewinn lautstark gefeiert. Die komplette Auswechselbank fieberte in jeder Sekunde mit und pushte die Kollegen auf dem Feld. Das hinterließ sichtbaren Eindruck bei den Mainzern, die weiterhin gefällig kombinierten, FC-Torhüter Tim Kallis aber nicht in größere Bedrängnis bringen konnten.

Das ohnehin schon flotte Spiel legte nach dem Seitenwechsel noch einen Gang zu. Die Einheimischen verstecken sich nicht und versuchten nicht, sich auf der knappen Führung auszuruhen. Sie spielten weiter munter nach vorne. Dieser Mut wurde mit dem 2:0 belohnt, das Marcel Lassak ausgiebig mit seinen Mannschafskollegen feierte (53.). Lediglich sechs Minuten später folgte die große Chance auf das 3:0, Talha Baylan scheiterte jedoch mit einem Foulelfmeter an Hoffmann.

Die Dramatik nahm weiter Fahrt auf, dafür sorgte Danny Gruda mit dem Anschluss nach 65 Minuten. Das Flutlicht verstärkte nun die Pokal-Atmosphäre, an diesem denkwürdigen Abend würde niemand der rund 500 Zuschauer, zu denen auch Anpfiff-Vorsitzender Dietmar Pfähler zählte, vorzeitig die Heimreise antreten.

„Wenn wir das 3:0 machen, wird es für Mainz ein noch viel dickes Brett zu bohren“, sagte Eck, der für seine tapfer kämpfenden Schützlinge aber nichts als Lob übrighatte. „Ein Riesenkompliment an alle. Wir haben das wahnsinnig gut verteidigt, standen in der Abwehr sehr kompakt mit geringen Abständen zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen. Außerdem hat jeder vor allem die Meter gemacht, die extrem wehtun. Ich bin sehr stolz auf die Jungs.“

Mainz schlägt in Halbzeit Zwei zurück

Mainz entwickelte fortan immer größeren Druck, der Ausgleich lag in der Luft und neun Minuten darauf war es soweit. Gruda netzte erneut ein. Den Speyeren schwanden zusehends die Kräfte, sie kamen immer häufiger einen Schritt zu spät, was Torschüsse quasi im Minutentakt für Mainz zur Folge hatte. Nicht unverdient gingen die 05er nach 76 Minuten zum ersten Mal in Führung. Danny Schmidt sollte es vorbehalten sein den 2:3-Siegtreffer zu markieren.

„Irgendwann wurde die Wucht, die die Mainzer erzeugten, einfach zu groß. Wir konnten nicht mehr alles wegverteidigen und obendrein hat man den einen Tag weniger Pause gemerkt, den wir aufgrund unseres Ligaspiels am Sonntag hatten“, schloss Eck sein Fazit zum Spiel des Jahres.

Marcus Helfenstein, Jugendkoordinator Sport am Jugendförderzentrum Speyer, sprach der U19 wie ihr Trainer ausschließlich Lob aus. „Die Jungs machen es in der Regionalliga-Aufstiegsrunde sehr gut und werden vermutlichen einen Rang zwischen zwei und vier belegen. Das Pokalspiel heute Abend war aber selbstverständlich der Saisonhöhepunkt.“

Seit letztem Juli ist Helfenstein in Speyer aktiv, zuvor arbeitete er fünf Jahre lang im Jugendförderzentrum Walldorf. Der gebürtige Mannheimer ist Feuer und Flamme für den Fußballnachwuchs in Speyer und sieht den Verein für die Zukunft bestens aufgestellt. Passenderweise erfolgte gestern der Spatenstich für den Bau eines neuen Kunstrasenspielfelds. Helfenstein führt weiter aus: „Wir sind frohen Mutes, dass wir zum Saisonstart im Juli das neue Feld nutzen können und dann auf zwei Kunstrasenplätzen optimale Trainingsbedingungen für unsere zahlreichen Mannschaften haben.“

FC Speyer 09: Kallis – Ohlinger (85. Zimmel), Kebernik, Teutsch (85. Kirici), Schön – Lassak (61. Konate), Graf, Kryeziu, Helfenstein (61. Leinberger) – Baylan (80. Wiafe) – Kilic (69. Giannetta).
1.FSV Mainz 05: Hoffmann – Kraft, Götze (60. T. Müller), Wilhelm, Pavisic (60. Degtjarevs) – Azahaf (90. Reuther), Kaygin (46. Makey), Rupil, Roos Trujilo (46. Martinovic) – Schmidt, Gruda (89. F. Müller).
Schiedsrichter: Jannick Ziehmer (Ramstein). Zuschauer: 500. Tore: 1:0 Kilic (29.), 2:0 Lassak (53.), 2:1 Gruda (65.), 2:2 Gruda (74.), 2:3 Schmidt (76.). Besondere Vorkommnisse: Hoffmann hält Foulelfmeter von Baylan (59.).