Ostercamp für Kinder mit Amputationen oder Dysmelie: Spaß, Spiel, Bewegung und spannende Fakten über Lamas

Erstellt von Barbara Reeder 24.04.2023

Das Ostercamp ist ein Herzensprojekt. Es wurde von futureoffice unterstützt und auch der Orthopädietechnik-Hersteller Össur half bei der Durchführung des dreitägigen Camps.

Das Eckige muss in das Runde – beim Cornhole gilt es, kleine Sandsäcke einzulochen.

Beim Kistenlaufen ist Geschicklichkeit – und Teamgeist gefragt.

Jenga in Übergröße: Hier kommt man nur mit Fingerspitzengefühl weiter.

„Die Kinder sind alle über sich hinausgewachsen,“ schwärmt Diana Schütz, Koordinatorin Bewegungsförderung für Amputierte bei Anpfiff ins Leben. Das Ostercamp für Kinder und Jugendliche ist gerade zu Ende gegangen. „Auch, wenn sich der eine oder andere eine Aktivität zuerst nicht zugetraut hat, haben sie schließlich überall mitgemacht.“ So fahren die Kinder nach ereignisreichen Tagen ganz schön müde, aber glücklich und stolz nach Hause.

Zehn Kinder mit Handicap im Alter von fünf bis 13 Jahren sind beim Camp im Erlebniszentrum Mühle Kolb in Zuzenhausen dabei. Gemeinsam mit ihren Geschwistern und einem oder beiden Elternteil/en übernachten sie in den gemütlichen Schäferwagen vor der Mühle. „Das ist cool und mal was Neues dort zu schlafen“, sagt der zwölfjährige Nick, der mit seinen Eltern aus Österreich angereist ist. Das Camp findet er großartig. Das sieht Simon, der ebenfalls 12 Jahre alt ist, genauso. Ihm haben es vor allem die Tiere angetan, die auf dem Mühlengelände herumlaufen. Aber auch, dass „wir Kinder so lange spielen dürfen“ gefällt ihm.

Die Idee hinter dem Ostercamp ist, dass Eltern und Kinder, die amputiert sind oder eine angeborene Fehlbildung haben, zusammenkommen. Dabei bekommen Eltern und Kinder ein jeweils eigenes Programm. Für die Kinder stehen Bogenschießen, Wandern mit Lamas, die Mühlenolympiade, eine Biber-Exkursion und Klettern auf dem Programm.

futureoffice unterstützt das Ostercamp
Zur Mühlenolympiade am ersten Morgen schauen auch drei Angestellte der Firma futureoffice aus Mannheim vorbei. Das Unternehmen unterstützt Anpfiff ins Leben bereits seit mehr als zehn Jahren. Schon dem ehemaligen Geschäftsführer, Karlheinz Funk, lagen soziale Projekte am Herzen und die jetzige Geschäftsleitung, Nadine Laule und Andreas Retsch, setzt das Engagement fort. „Ihnen ist insbesondere die Entwicklung von Kindern sehr wichtig“, erzählt Kathrin Gesell, die bei futureoffice den Kundendienst leitet. Die Aktivitäten beim Ostercamp findet sie toll, denn so „können Kinder Selbstbewusstsein aufbauen und dabei noch jede Menge Spaß haben.“

Auf Getränkekisten balancieren ist an sich schon eine wackelige Angelegenheit. Mit einer Beinprothese wird das nochmal etwas schwieriger. Bei den Aktivitäten wird aber schnell klar, dass eine Prothese einen nicht aufhalten muss – nicht einmal, wenn man auf einer Slackline über einen Fluss balanciert. Genau darum geht es dem Organisationsteam – dass die Kinder Dinge ausprobieren, die sie sich vielleicht vorher nicht zugetraut hätten. „Ein Kind mit einer Beinprothese meinte zuerst, dass es nicht klettern könnte“, erzählt Michelle Dübon, ebenfalls Koordinatorin Bewegungsförderung für Amputierte bei Anpfiff ins Leben. „Und dann ist es richtig hoch geklettert. Die Kinder haben sich dabei immer gegenseitig angefeuert und am Ende war jeder stolz, das geschafft zu haben.“ Abends, am Lagerfeuer, erzählen sie dann ihren Eltern, was sie erlebt haben. „Hier sehen auch die Eltern, was ihr Kind trotz Amputation oder Dysmelie alles kann“, sagt Diana Schütz. „Das hilft sehr.“

Zu den Lamas geht es mit dem Planwagen. Die Kinder dürfen auch in das Gehege und mit den Tieren kuscheln. Lamas sind ja dafür bekannt, dass sie spucken, wenn sie richtig sauer sind. Das, so erfahren die Kids, machen sie aber nur mit Artgenossen. Spucken ist dabei allerdings untertrieben: Sie befördern nämlich ihren Mageninhalt samt Speichel auf den Kontrahenten. Außerdem kommunizieren sie miteinander, indem sie summen. Klar, dass die Kinder das sofort ausprobieren und mit den Lamas summen.

Kinder mit ähnlichen Erfahrungen treffen
Der Austausch mit anderen, die wissen, wie es ist, mit einer Amputation oder einer Bewegungseinschränkung zu leben – das ist für die Kinder, ebenso wie für die Eltern, das Wichtigste am Ostercamp. Meist gibt es in der näheren Umgebung keine Kinder, die diese Probleme kennen. Hier können sie sich untereinander Tipps geben, wie etwas am besten funktioniert und sich auch gegenseitig bestärken. „Darauf hat sich Nick besonders gefreut“, erzählen seine Eltern, „dass er dort andere Kinder mit ähnlichen Erfahrungen trifft.“ Etwas Vergleichbares, das sagen alle Eltern, gibt es in Deutschland bisher nicht. Deswegen nehmen sie auch weite Wege auf sich, um dabei sein zu können.

Einem Jungen steht die Amputation noch bevor. Im Camp hat er aber schon bei den anderen Kindern sehen können, dass klettern und tanzen und schlagen Rad auch mit einer Amputation möglich ist.  Außerdem sehen er und die anderen Kids, dass sie nicht allein sind. So ist es keine Frage, dass sie alle beim nächsten Anpfiff-Camp wieder dabei sein wollen.