Workshop zu antisemitischer Vergangenheit im Kraichgau

Erstellt von Fabian Almritter 10.05.2022

Geleitet wurde der Workshop von Christian Hahn (re.) und Michael Heitz.

Im direkten Dialog tauschten die Teilnehmenden persönliche Gedanken zu diversen Themen und Begriffsverständnissen aus.

Die Teilnehmenden informierten sich über die Geschichte jüdischer Sportler aus der Zeit des Nationalsozialismus.

Im Abschlussgespräch betonten die FSJler die Wichtigkeit des Themas und lobten den gelungenen Workshop.

Der Tag der Befreiung jährte sich am 08. Mai 2022 zum 77. Mal und damit auch das Ende des zweiten Weltkriegs. Damit solche schrecklichen Ereignisse aus der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten, gibt es Institutionen wie das Büro für Erinnerungskultur, das auf Ausstellungen, durch Veröffentlichungen oder bei Workshops immer wieder auf diese Themen aufmerksam macht.

Christian Hahn vom Büro für Erinnerungskultur führte vor kurzem in Walldorf in enger Zusammenarbeit mit Centropa Deutschland im Rahmen des EVZ-Projekts „Zahor – Erinnern für die Zukunft“ einen Workshop für die FSJler bei Anpfiff ins Leben durch. Unterstützt wurde er dabei von Michael Heitz, Lehrer an der Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim, eine unserer Kooperationsschulen in der Region. Der Fokus lag dabei besonders auf der Bewusstmachung antijüdischer, antisemitischer sowie rassistischer Stereotypen und ihre Verortung im Sport.

Zu Beginn des dreistündigen Workshops führten Christian Hahn und Michael Heitz die Jugendlichen zunächst in die jüdische Geschichte des Kraichgaus ein. Menachem und Fred, zwei jüdische Brüder, die in Hoffenheim aufwuchsen und im Oktober 1940 ins südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert wurden, spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Referenten machen dabei auch auf die Beteiligung der TSG-Jugend bei Erinnerungsprojekten im Kraichgau aufmerksam – beispielsweise beim 2012 eröffneten „Menachem & Fred Wanderweg“. Die Jugendspieler der damaligen U14, U15 und U16 der TSG führten mit ihren Trainern und Betreuern von Anpfiff ins Leben die umfangreichen Markierungsarbeiten der Wanderstrecke sowie die Ausstattung des 8km langen Wanderweges mit Geocaching durch, der von Hoffenheim nach Neidenstein führt.

2018 veröffentlichte das jüdische Geschichtsinstitut Centropa den Dokumentarfilm „Zahor – Erinnere Dich“, der in 20 Minuten die bewegenden Lebensgeschichten von Dr. Menachem Mayer und einem Bruder Fred Raymes eindrücklich vermittelt. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Centropa Deutschland, Anpfiff ins Leben, der TSG-Akademie und der Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim. Als Sprecher dieses Films fungiert der damalige U19-Spieler Ilay Elmkies. Ilay, der inzwischen mit einem Profivertrag bei der TSG ausgestattet ist und einen festen Stammplatz in der israelischen Nationalmannschaft innehat, sprach den Film in Deutsch, Englisch und Hebräisch ein.

Im Anschluss an die Einführungsphase sahen die Teilnehmenden diesen Film. Im interaktiven Austausch danach diskutierten sie über den Begriff „Heimat“ und die Wichtigkeit, sich mit der Geschichte ihrer Familien, der Region und des Landes zu beschäftigen und diese weiterzutragen. Der Film ist online abrufbar.

Im letzten Teil des Workshops rückte der Sport in den Vordergrund. Christian Hahn brachte Karten mit, auf denen jüdische Sportler und deren Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus abgedruckt waren. Die Teilnehmenden suchten sich eine Karte aus und hatten fünf Minuten Zeit, sich die Karte durchzulesen und über die Person zu informieren. Danach stellten sie ihre gezogene Person vor. Darunter befanden sich Personen wie Walther Bensemann, einem der wichtigsten Pioniere des deutschen Fußballs, Julius Hirsch, Namensgeber des Julius Hirsch Preis des DFB oder Nelly Neppach, deutsche Meisterin im Dameneinzel im Tennis.

Der Workshop kam bei den Beteiligten gut an. Sie hoben in der Abschlussrunde vor allem hervor, dass sie etwas für sich mitnehmen konnten und betonten die Wichtigkeit des Themas. Es ergaben sich neue Denkanstöße, denn „keiner fragt, wie der Sport bei den Juden zu der Zeit war – jeder redet nur über den Sport der Nationalsozialisten“, merkte ein Teilnehmer an. Christian Hahn gab das Lob an die FSJler zurück und konnte durch den Dialog ebenfalls neue Dinge lernen.