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„Ich habe mich selbst besser kennengelernt“

Paula Schulz-Hanßen, Athletin des Golf Club St. Leon-Rot und seit zwei Jahren Nationalkader-Spielerin, ist neue Europameisterin. In Slowenien sicherte sich die 17-Jährige im Stechen den größten Titel ihrer noch sehr jungen Karriere. Zuhause in St. Leon-Rot spielt sie im dortigen Golf Club bereits seit sie fünf Jahre alt ist. 

November 2020

Damit es neben dem Leistungssport auch in der Schule rund läuft, ermöglichen ihr Anpfiff ins Leben und das Löwenrot-Gymnasium eine einzigartige Förderung. Als Athletin der Leistungssportklasse genießt sie viele Vorteile und eine umfassende Betreuung, die ihren Alltag strukturieren und eine Grundlage für ein erfolgreiches Privatleben auch abseits des Sports bedeuten. Dass ihr Heimatclub etwas ganz Besonderes ist, weiß Paula sehr zu schätzen: „Ich kenne viele Mädels aus dem Nationalkader, die überlegt haben, ob sie zu uns wechseln möchten. Natürlich haben wir hier das Budget und es kann viel investiert werden, zum Beispiel in die Büro- und Lernräume und das neue Athletikcenter. Das hilft uns jungen Sportlern enorm. Was mir aber am meisten hilft, sind die Menschen, die ich hier habe. Mein Athletiktrainer Jan Knödler trainiert mich, seit ich zehn Jahre alt war. Mit ihm bin ich einfach super vertraut. Das gleiche gilt für unseren neuen Damentrainer Sebastian Buhl. Hier kümmern sich unfassbar viele Menschen um mich, auch wenn ich mal nicht performe oder es mir nicht gut geht.“

Die Schulzeit kann sehr flexibel gestaltet werden

Die Kooperation von Golf Club, Anpfiff ins Leben und Löwenrot-Gymnasium ermöglicht ihr nicht nur kurze Wege, vernetzte Ansprechpartner und optimale Lernbedingungen, sondern vor allem auch eine flexibel gestaltete Schulzeit. „Ich bin an drei von fünf Tagen hier im Golf Club zum Unterricht, nur zwei Tage bin ich an der Schule. Unsere Lehrer unterstützen uns und gestalten gemeinsam mit den Laufbahnberatern von Anpfiff ins Leben die Stundenpläne so, dass sie perfekt auf die Trainingszeiten und Turniere abgestimmt sind.“ Mit einem iPad ausgestattet kann sie so auch von unterwegs aus lernen, Mails beantworten und Aufsätze schreiben. Zurzeit besucht Paula die elfte Klasse. Durch den Sport und vor allem ihren Nationalkader-Platz ist eine regelmäßige Teilnahme am Unterricht aber nicht möglich, weshalb die letzten zwei Schuljahre in drei gestreckt werden. In zwei Jahren nach dem Abitur möchte sie dann Business studieren und sich während des Studiums Zeit für die weitere berufliche Orientierung nehmen.

Das Ziel ist klar: Ein Studium in den USA

Mit dem Einzel-Sieg bei der Europameisterschaft der Damen, der nach dem EM-Titel im Juniorinnen-Team mit Charlotte Back, ebenfalls Förderathletin des GCSLR und Anpfiff ins Leben, den zweiten Triumph in 2020 auf europäischer Ebene bedeutet, liebäugelt sie natürlich aber erst einmal mit einer Profikarriere. Ihre sportlichen Ziele für die nächsten Jahre, die mit ihrer schulischen Ausbildung Hand in Hand gehen, hat sie dabei fest im Blick:

„Ich will auf jeden Fall in die USA, um dort zu studieren. Ich habe gerade mehrere Scholarship-Angebote verschiedener Unis. Das ist natürlich auch sehr abhängig vom Coach und dem Team. Aber ich weiß noch nicht, für welches College ich mich entscheiden werde.“ Bis dahin stehen aber noch einige Turniere auf dem Plan. Etwa die 150. British Open, für die sie sich mit dem Europameistertitel qualifiziert hat. „Das ist noch einmal ein riesiger Schritt. Auf jeden Fall ist mein Ziel das Augusta National Women’s Amateur mit den Top 30 der Weltrangliste.“ Heute schon Top 9 im World Amateur Golfranking und daher wohl im nächsten Jahr dabei? Paula Schulz-Hanßen.

Der Golfsport öffnet ihr aber nicht nur die Türen der US-Colleges und Pokalzimmer dieser Welt, sondern auch zum interkulturellen und interdisziplinären Austausch. Nach Turnieren überall in Europa und Nordamerika ist vor allem ein Land im Gedächtnis geblieben: Kanada. „Die Mädels aus Frankreich und Schweden kennt man nach ein paar Jahren ganz gut. In Kanada war es dann noch einmal was ganz Anderes, das hat mich sehr beeindruckt.“ Da trifft es sich gut, dass Paula in Sprachen eine weitere Leidenschaft findet. „In der Schule habe ich Französisch gelernt, das hat mir aber nicht so viel Spaß gemacht. Aber als ich die französischen Mädels habe reden hören, habe ich sie verstanden, konnte auch ab und zu mal antworten und dann versteht man sich auch viel besser. Und Englisch sowieso. Ich finde, das Englisch auf Golfturnieren ist ganz anders als das Englisch, das man in der Schule lernt. In Alltagsgesprächen mit Gleichaltrigen über die Freizeit zu reden, hilft auf jeden Fall, noch viel dazuzulernen.“

Teil eines großen Ganzen

Seit diesem Jahr ist sie zudem Teil des Team Tokio der Metropolregion Rhein-Neckar. „Ich war immer im Golf Club St. Leon-Rot und im Baden-Württembergischen oder Deutschen Golfverband unterwegs. Jetzt zusammen mit Sportlern anderer Disziplinen in einer Förderung zu sein und zu wissen, dass ich im Golf auf demselben Level bin wie sie in ihren Sportarten, macht mich ziemlich stolz.“ Gemeinsam bereiten sich die Athleten der Region auf die Olympischen Spiele 2021 in Tokio vor, die durch die Verschiebung um ein Jahr nun auch zu Paulas Zielen gehören.

Dafür, dass sie Golf und Schule vereinbaren kann, sorgt Anpfiff ins Leben. „Als ich 2019 hier mit der Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung angefangen habe, waren wir noch zu viert in zwei Räumen über dem Restaurant. Die Lehrerin musste dann immer von Raum zu Raum gehen. Jetzt haben wir Lernbegleiter für jedes Fach, neue moderne Lernräume, iPads und alle Bücher, die man braucht. Ich habe Lehrer, die mir in den Sommerferien schreiben, wie es beim Golfen läuft. Bei Anpfiff werde ich von Yasmin Kaulbach betreut. Wir verstehen uns super und ich weiß, dass ich mit allem immer zu ihr kommen kann. Es macht einfach Spaß zu sehen, wie man sich zusammen weiterentwickelt.“ In den letzten Jahren besuchte sie viele Anpfiff-Workshops zur Optimierung von Lernprozessen und Zeitmanagement, die auch ihrem Trainingsalltag zugutekommen. „Ich habe gelernt, wie man selbst lernt und wie man produktiv die Zeit nutzt, die man hat. Und vor allem, wie man die Trainings- und Schulinhalte strukturiert und zeitlich verpackt. Wie ich Hausaufgaben selbst löse und wo ich die Informationen dafür finde. Ich weiß jetzt, wie lange ich für einen Aufsatz oder eine Textanalyse brauche. Ich habe ein besseres Gefühl, wie schnell ich was schaffe, wo ich Hilfe brauche und wo nicht.“ In einem Satz: „Ich habe mich selbst besser kennengelernt.“
 

 

Online-Unterricht während Corona als Chance

Dass Corona-bedingt der Unterricht in diesem Jahr zu einem Großteil online stattfand und stattfindet, ist für Paula durch ihre persönliche Schulform nicht neu. Sie kann daraus vor allem auch Vorteile für sich selbst ableiten: „In der Zeit, als wir Online-Unterricht hatten, habe ich viel mehr gelernt und die Schule hat mir viel mehr Spaß gemacht, weil ich dann mit den Lehrern online teilweise Einzelunterricht hatte, was natürlich im normalen Schulalltag nicht geht. Man bekommt Informationen zu einer Aufgabe oder einem Text und dann schreibt man einfach und probiert etwas aus. Im normalen Unterricht hört und sieht man noch, was der Nachbar macht und lässt sich auch mal ablenken. Wir haben auch Lernvideos bekommen, die wir uns noch einmal anschauen konnten, wenn wir eine Aufgabe nicht verstanden haben und deswegen lief es bei mir in letzter Zeit so gut, dass ich auch in Fächern wie Mathe und Physik keine Nachhilfe mehr hatte.“

Für die Zukunft wünscht sich die Europameisterin vor allem Beständigkeit in Sport und Schule – und mehr Aufmerksamkeit für die Leistungen junger Athleten. Sie findet es schade, wenn Mitschüler oder Lehrer nur sehen, dass die Leistungssportler seltener im Unterricht sind. Wenn sie nicht wissen, was diese machen und erreichen. „Vielleicht könnte man uns auch noch ein bisschen mehr mit einbinden oder am Saisonende über die Sportler ähnlich wie über SMV-Sitzungen und Auslandsaufenthalte berichten.“ Einen ganz besonderen Auslandsaufenthalt hat sie dabei immer im Blick: Der Traum USA ist nicht mehr weit entfernt.
 

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