Schulabgänger stehen vor der Herausforderung sich zwischen über 320 dualen Ausbildungsberufen, 150 schulischen Ausbildungsmöglichkeiten und über 10.000 Bachelorstudiengängen zu entscheiden. In der Schulzeit sind betriebliche Praktika oder Besuche bei Berufsmessen vorgesehen, doch das reicht nicht aus. Es fehlt an Informationen, Gesprächen mit Bezugspersonen und praktischen Einblicken, um zwischen all den Möglichkeiten eine fundierte Berufswahl zu treffen. Das Ergebnis: Entscheidungsohnmacht bei den Jugendlichen. „Sie fühlen sich nicht in der Lage eine Entscheidung zu treffen, da sie von der Vielzahl an Möglichkeiten überfordert sind. Sie haben Angst davor, eine falsche Entscheidung zu treffen, sodass sie sich überhaupt nicht mehr entscheiden wollen,“ erklärt Glogger.
Daneben suchen Unternehmen verschiedenster Branchen dringend nach jungen Menschen, um ihre Plätze zu besetzen und dem vieldiskutierten Fachkräftemangel durch die Ausbildung eigener Nachwuchstalente entgegenzuwirken. „Die Unternehmen warten darauf, dass sich Jugendliche bewerben und stellen ihnen dabei häufig herausfordernde Hürden in den Weg“, weiß Schmidt. „Ich erlebe immer wieder, dass Jugendliche beim Bewerbungsprozess mit komplizierten und überfrachteten Onlinebewerbungssystemen konfrontiert sind. Dazu durchlaufen ihre Bewerbungen in den Unternehmen viele bürokratische Hürden“, sagt Schmidt. Hinzu kommt, dass Jugendliche ihre Informationen aus dem Internet beziehen. Daher sollten Unternehmenswebseiten schnell zu finden sowie benutzerfreundlich sein. „Wenn Unternehmen junge Menschen gewinnen möchten, dann sollten sie für die Jugendlichen auch sichtbar sein – nicht nur in der virtuellen, sondern auch in der realen Welt. Viele Unternehmen sind in ihrem Umkreis unbekannt. Man kennt die Big Player, aber welche Unternehmensvielfalt vorhanden ist, wissen die wenigsten“, betont Schmidt.
Wie kommen nun aber verunsicherte Jugendliche und unsichtbare Unternehmen zusammen? „Beide Seiten müssen einen Schritt aufeinander zugehen und anfangen in die Berufsorientierung zu investieren, um sie für alle gewinnbringend und zukunftsgerichtet aufzustellen“, resümieren Glogger und Schmidt. Zum einen sollten sich Jugendliche frühzeitig mit der Frage ihrer beruflichen Zukunft auseinandersetzen. Die curricularen Angebote sind ein Anfang, aber auch außerhalb der Schule sollten Jugendliche Zeit für ihre berufliche Orientierung aufbringen und auf Unternehmen zugehen. Praktika und Gespräche geben Orientierung sowie Selbstsicherheit, um schließlich die Entscheidungsohnmacht zu überwinden. Es ist wichtig, dass junge Menschen die Angst vor einer vermeintlich falschen Entscheidung ablegen. Denn jede (Fehl-)Entscheidung hilft, den eigenen Weg in der Berufswelt zu finden.
Zum anderen müssen sich Unternehmen öffnen und proaktiv auf Jugendliche zugehen – eben dort, wo sie sich aufhalten. Neben der Schule und dem Elternhaus ist das zumeist der Sportverein. „Bei Anpfiff ins Leben fördern wir Jugendliche über den Sportverein in den Bereichen Sport, Schule, Beruf und Soziales. Unsere Unternehmenspartner besuchen unsere Standorte, begleiten Projekte und können so die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt – quasi am Sportplatz – abholen und in direkten Kontakt zu ihnen treten“, sagt Schmidt. Unternehmen sollten Jugendlichen Praktika ohne bürokratische Hürden ermöglichen und ihnen dabei einen authentischen Blick von Innen gewähren; die Arbeit erlebbar machen. „Es müssen praxisorientierte Erfahrungsräume zum Austesten geschaffen und in Personen mit Zeit und Ressourcen, um die Jugendlichen bei der Berufsorientierung individuell zu begleiten, investiert werden. Dazu braucht es neue Sichtweisen und innovative Recruiting-Konzepte“, erläutert Glogger. Eine Berufsorientierung, die auf die Bedürfnisse der Jugendlichen zugeschnitten ist, lohnt, um junge Menschen zu begeistern. Denn die Zukunft der Unternehmen liegt in der Jugend.