„Gewonnen und verloren wird zwischen den Ohren“

Erstellt von Christopher Benz 19.12.2023

Spannende Einblicke ins Mentaltraining brachten viele neue Erkenntnisse in den Anpfiff ins Leben Jugendförderzentren. Gunda Miethke, die als Mentaltrainerin unter anderem auch Ausbilderin beim DOSB ist, leitete die Trainerfortbildung mit dem Titel „Die perfekte Kabinenansprache“, die zentrumsübergreifend für alle interessierten Trainer stattfand.

Das Interesse daran war riesig. Viele Jugendtrainer nahmen teil, die Seminarräume waren bis auf die letzten Plätze gefüllt. Zum Einstieg stellte sich Miethke vor, gab ihren Zuhörern einen Einblick in ihre Tätigkeit und erläuterte, weshalb sie so sportaffin ist: „Dabei habe ich mich immer gefragt, wie man sich mental stärker machen kann.“

Das Mentaltraining ist ihr Steckenpferd. Sie klärte auf, wann und für wen diese Art von Training Sinn ergibt: „Als Erstes muss ich mich dem Mentaltraining öffnen, sonst bringt es nichts. Es ist immer individuell und Studien belegen, dass es funktioniert.“

Bevor es an eine Übung zum Unterscheiden von Emotionaler Einstimmung und Taktik eines Fußballtrainers ging, sollten die teilnehmenden Trainer zunächst eine kleine Einstiegsübung absolvieren. Diese erste Übung zeigte den Teilnehmern etwas über ihre Selbsteinschätzung auf. Jeder sollte prognostizieren und aufschreiben wie lange er benötigt, um auf seiner Stoppuhr im Smartphone einen möglichst kleinen Zeitabstand zu stoppen. Im Diskurs kamen die Trainer zum Ergebnis, „dass wir damit auch unsere Konzentration trainieren können.“

Für Mietkhe sind solche Erkenntnisse, die von Teilnehmern eigenständig erarbeitet werden, die optimale Erfolgskontrolle, ob Inhalte übermittelt werden „Solche kleinen Übungen gibt es zuhauf und damit können wir uns stets aufs Neue weiterbilden,“ erklärt die Mentaltrainerin.

Den Übergang zum Hauptteil – der Übung zur perfekten Kabinenansprache – leitete sie mit einem Zitat von einem der größten deutschen Sportler ein. „Gewonnen und verloren wird zwischen den Ohren“, sagte einst Boris Becker. In den 1980er und 90er Jahren war er, wie kaum ein Zweiter auf dem Tennisplatz, in der Lage, schier aussichtslos erscheinende Matches noch zu gewinnen. Er besaß die Fähigkeit, sich in bestimmten Situationen vielleicht noch ein bisschen besser als seine Kontrahenten konzentrieren zu können.
Bei der Übung sollten die Trainer einmal Begriffe zum Überthema „Emotionale Einstimmung“ und einmal zum Überthema „Taktik“ an die Pinnwand heften. Nach und nach füllte sich jene Pinnwand und die Trainer diskutierten angeregt über ihre verschiedenen Punkte.

Die Quintessenz lautete: „Emotionale Einstimmung ist das I-Tüpfelchen“. Taktische Inhalte müssen im Vorfeld eines Spiels besprochen und klar sein. Emotional muss es kurz vor einem Spiel oder in der Halbzeit sein. Motivation, Fokussierung und Überzeugung sind Schlagworte dafür.

Dass die letzten Momente vor einem Spiel dazu dienen, die Kicker emotional zu pushen, ist jedem klar gewesen. „Da darf es schon mal lauter werden“, so der allgemeine Tenor. Um das zu unterstreichen, zeigte die Mentaltrainerin vier Videobeispiele, die zum einen gelungene, zum anderen aber auch misslungene Ansprachen zeigten.

Ausführlich wurde über das richtige Trainerverhalten in der Halbzeitpause diskutiert. Hier gingen die Meinungen auch etwas auseinander. Worin sich aber alle einig waren, war die Tatsache, dass reine Wutreden nichts bringen. Die Gruppe konstatierte: „Wir müssen unseren Spielern immer Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und dabei konstruktiv bleiben.“

Als unterstützend für die emotionale Ansprache gab Miethke die Anregung, Musik miteinzubeziehen. Die Wissenschaft zeigt, dass Lieder mit 140 Beats pro Minute den besten Effekt bei Sportlern erzielen. Eine Liste mit dafür prädestinierten Songs gab es obendrauf als Beispiel.

Nach knapp zwei Stunden beendete Miethke die Fortbildung mit einem letzten wichtigen Ratschlag: „Redet auch mit Kollegen, die heute nicht da waren. Gebt eure Ideen weiter und nutzt die Einfälle und Anregungen der anderen. Schaut über den Tellerrand und bei anderen Sportarten, wie dort das Thema Mentaltraining aufgegriffen wird. Man lernt schließlich nie aus.“