Hannes Heist begleitet die Einführung der Software SAP SportsOne für die Jugendmannschaften von Anpfiff ins Leben e.V. Der Sportwissenschaftler ist allerdings auch Fachmann für das Training der Exekutiven Funktionen im Sport.

Hannes, du hast deine Abschlussarbeit zum Master der Sportwissenschaften über Exekutive Funktionen geschrieben. Fangen wir ganz vorne an: Was sind die Exekutiven Funktionen?

Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Aber die Exekutiven Funktionen lassen sich in drei unterschiedliche Grundfunktionen einteilen: Das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition und die Kognitive Flexibilität. Das Arbeitsgedächtnis bezeichnet das Aufnehmen von und Arbeiten mit Informationen. Inhibition ist das Unterdrücken von Impulsen, sowohl emotional wie motorisch. Und die kognitive Flexibilität beschreibt das Zusammenspiel von Arbeitsgedächtnis und Inhibition. Wer kognitiv flexibel ist, hält nicht an getroffenen Entscheidungen fest, sondern kann diese Entscheidungen aufgrund neuer Informationen noch verändern.

Warum sind die exekutiven Funktionen für Sportler so wichtig?

Lange galten im Sport die Attribute Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Technik als entscheidende Merkmale, auf die man zurückgegriffen hat, um Talente zu beurteilen. Im Spitzensport ist es aber inzwischen so, dass viele in diesen Fähigkeiten ähnlich gut sind. Darum ist die Kognition in den Vordergrund gerückt. Der Unterschied in der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit bietet ein großes Verbesserungspotenzial und ist etwa im Fußball sehr wichtig. Als Spieler gerät man immer wieder in Drucksituationen. Um sich aus diesen zu befreien, ist es wichtig, sie schnell und korrekt einzuschätzen. Dafür sind die exekutiven Funktionen verantwortlich. Gute Spieler bleiben auch in gefährlichen Situationen Herr der Lage, während andere von den heraneilenden Gegnern überfordert sind und den Ball lieber wegbolzen. Selbst wenn ihre Technik gut genug wäre, um eine spielerische Lösung zu finden. Ein anderes Beispiel: Mein Gegner stellt bestimmte Passwege gut zu. Wie schnell reagiere ich darauf und stelle mein Spiel um? Lerne ich nach zwei Fehlpässen dazu oder erst nach zehn? Wo die Inhibition von Emotionen beim Fußball ins Spiel kommt weiß auch jeder, der schon einmal wegen Meckerns verwarnt wurde oder sogar vom Platz geflogen ist. Genauso muss ein Stürmer sich wieder zum Abschluss entscheiden können, nachdem er vorher drei Riesenchancen versemmelt hat. Wenn zwei Spieler die gleichen physischen Voraussetzungen haben, entscheiden sich die Talentscouts für denjenigen, der die besseren Entscheidungen trifft.

Und wie trainiert man die Exekutiven Funktionen?

Das einfachste Beispiel kennt wahrscheinlich jeder: Der Trainer hält ein Leibchen hoch, welches irgendeine Bedeutung hat. Rotes Leibchen bedeutet eine Umstellung auf drei Ballkontakte, ein grünes Leibchen bedeutet freies Spiel. Sobald eine Gewöhnung einsetzt, drehe ich die Bedeutung der Leibchen um. So lernen die Spieler, Gewohnheiten zu unterdrücken und offen für neue Informationen zu sein. Nach demselben Prinzip funktionieren die ExF-Säulen, die verschiedene Leuchtsignale abgeben. Mit bis zu sieben Farben und variabel einstellbaren Signalzeiten haben die Trainer eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die Kognition der Spieler immer wieder zu fordern. Mit gut trainierten exekutiven Funktionen kannst du bessere und schnellere Entscheidungen treffen.